Wenigstens einmal dabei gewesen

scholz-artusBisher habe ich mich immer davor gedrückt. Aber wie pflegte meine Mutter zusagen: Man muss alles wenigstens einmal probiert haben. Sie meinte das zwar aufs Essen bezogen – weswegen sie mir vor vielen, vielen Jahren zu meinem großen Widerwillen sogar einmal einen Löffel Austern in den Mund geschoben hat.

Für die Politik kann die Lebensweisheit meiner Mutter ebenfalls angewendet werden. Also bin ich zum ersten und wohl auch zum letzten Mal an einem Neujahrsmorgen ins Rathaus gestiefelt und habe dem Bürgermeister bei seinem traditionellen Empfang die Hand geschüttelt.

Das Protokoll sieht dafür strenge Regeln vor: Die erste, die Neujahrsgrüße entrichtet, ist die Bürgerschaftspräsidentin. Es folgen die weiteren Mitglieder des Präsidiums. Da ich als einzige Vizepräsidentin anwesend war, schüttelte ich Olaf Scholz als zweite die Hand. Dann folgten die Fraktionsvorsitzenden, bzw. ihre Vertretungen. Nur von der CDU war der Fraktionsvorsitzende vor Ort, die Grünen waren gar nicht anwesend.

Zuvor hatten sich die teilnehmenden Bürgerschaftsabgeordneten im Büro der Präsidentin getroffen und waren von dort aus in den Turmsaal gegangen, wo das obligatorische Händeschütteln vor den MedienvertreterInnen, ihren laufenden Kameras, Fotoapparaten und Mikrofonen, stattfand.

“Was haben Sie dem Bürgermeister gewünscht?”, fragte mich NDR-Reporter Straehler-Pohl anschließend und hielt mir sein Mikro unter die Nase. Na, was wohl! Was man so wünscht, wenn man jemanden in der zwölften Stunde des neuen Jahres die Hand reicht: Gesundheit und persönlich viel Glück!

“Und was wünschen Sie dem Bürgermeister politisch?”, hakte er nach. Ich ergänzte: Ich will, dass der Senat sozialer agiert. Ich wünsche der Stadt und ihren Einwohnerinnen und Einwohnern vor allem mehr Wohnungen, die bezahlbar sind. Ich erwarte von der SPD in der neuen Wahlperiode, nicht nur Wohnungen als Wahlversprechen zu genehmigen, sondern sie auch fertig zu stellen. Und dass die Flüchtlinge in unseren offenen Stadt willkommen sind und #Pegida eine Absage erteilt wird. Das habe ich dann auch nochmal der Hamburg-Journal-Reporterin gesagt.

Wenn das Händeschütteln der Bürgerschaftsabgeordneten erledigt ist, folgen die Hamburger Originale, der Hummelhummel und die Zitronenjette. Dann schließt sich das übrige Volk an, das sich jedes Jahr in Form von ein paar Hundert Menschen im Rathaus in eine lange Schlange stellt und den Bürgermeister persönlich ein gutes neues Jahr wünscht. Mich fasziniert, dass diese Tradition so lebt. Es ist wohl vielen Menschen wichtig, ihm dabei auch ein paar Takte zu sagen. Aber es werden jährlich weniger.

Das Polizeiorchester – das wir LINKEN gern einsparen möchten – spielt in der Rathausdiele, und auch dort haben sich viele Menschen versammelt. Es sind wohl auch viele TouristInnen darunter. Die MusikerInnen sind in Polizeiuniformen kostümiert, denn es sind keine PolizeibeamtInnen, die da tuten und blasen, sondern ProfimusikerInnen. Spielen können sie wirklich gut, aber warum auf Kosten der SteuerzahlerInnen und im Namen der Polizei?

Nach dem Händeschütteln führt der Weg durch den Kaisersaal in den Festsaal. Dort stand der “Rathausschatz” mit seinen Silberskulpturen zum Bestaunen bereit wie auch das Goldende Buch der Stadt. Das ist sicherlich auch noch eine kleine Attraktion für die Menschen gewesen, die heute ins Rathaus gekommen waren.

Dann sind wir wieder zurück ins Präsidentinnenbüro. Ich habe meine Jacke gegriffen und bin der U-Bahn hinterhergelaufen. Schnell war ich wieder zuhause. Dort erwartete mich die nächste 1.-Januar-Tradition: Weihnachtsbaum abschmücken und rauswerfen.

Hier ist noch einmal das ganze Foto zu sehen, das André Lehnte vom Händeschütteln geschossen hat:

Bürgermeister-Neujahrsempfang
André Lenthe

 

Ein Gedanke zu „Wenigstens einmal dabei gewesen“

  1. Foto: Beachte mal Eure Arme. Du ziehst ihn ran und er hält Dich weit weg vom Leib! Habt Ihr eine Distance. Ich stelle mich hinter dir, damit er mich gar nicht erst sieht.

    Man kann auch sagen, er will keinen Kontakt mit den Bürgern!

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