Zuhause lauert die Gefahr


Gastkommentar in DIE WELT, 31. Juli 2009

Unfälle im Haushalt geschehen täglich. Die Treppe runterfallen oder in der Badewanne ausrutschen. Die Folgen stehen den Betroffenen im Gesicht geschrieben: Ein blutunterlaufenes Auge, eine geschwollene Wange, eine aufgeplatzte Lippe. Aber: Versperrt ein Rollkragen eventuell den Blick auf Würgemale? Häufig haben Männer die Verletzungen verursacht und nicht die Tischkante oder der Türrahmen. 20 000 Unfälle im Haushalt geschehen täglich. Die Treppe runterfallen oder in der Badewanne ausrutschen. Die Folgen stehen den Betroffenen im Gesicht geschrieben: Ein blutunterlaufenes Auge, eine geschwollene Wange, eine aufgeplatzte Lippe. Aber: Versperrt ein Rollkragen eventuell den Blick auf Würgemale? Häufig haben Männer die Verletzungen verursacht und nicht die Tischkante oder der Türrahmen. 20 000 Frauen suchen jährlich den Schutz von Frauenhäusern auf. Jede vierte Frau wird in ihrem Leben Opfer von Gewalt. Der gefährlichste Ort für eine Frau ist nicht der dunkle Park oder die einsame Straße, sondern ihr Zuhause. Viele Frauen ertragen zudem die Misshandlungen ihrer Partner und männlichen Verwandten über Jahre. Häusliche Gewalt kostet die Bundesrepublik Deutschland jährlich schätzungsweise 14,5 Milliarden Euro.

Der Bremer Soziologe Gerhard Amendt forderte in der WELT vom 17. Juni 2009 die Abschaffung von Frauenhäusern. Er unterstellte den Mitarbeiterinnen antipatriarchale Kampfrhetorik und Unprofessionalität. Er warf den Sozialpädagoginnen und Psychologinnen vor, sie seien unausgebildet und würden Scheidungskonflikte verschärfen. Er unterschlug, dass der Weg ins Frauenhaus ein verzweifelter Schritt nach oft jahrelangen Demütigungen und Misshandlungen ist, und redete verharmlosend von “Sprachstörungen unter den Partnern” und “Familienkrisen”.

Amendt relativiert Männergewalt trivial und unwissenschaftlich: Es gäbe auch gewalttätige Partnerinnen. Doch auch damit greift seine Hatz zu kurz. Die Berliner Soziologin Barbara Kavemann hingegen benennt die Unterschiede: Frauen schlagen aus Notwehr zurück oder aber, um etwas zu erreichen. Nicht aber aufgrund von Macht- und Kontrollverlust. Männer hätten auch selten Angst, dass ihnen ernsthaft etwas passieren könnte. Zwei Drittel würden bei Angriffen nicht einmal verletzt. Frauen würden dann schlagen, wenn sie nach jahrelangen traumatischen Gewalterfahrungen eine günstige Gelegenheit fänden. Das könne bis zur Tötung gehen. Die Konsequenz der Gepeinigten sei nämlich: Es ist leichter, einen Mann zu töten, als ihn zu verlassen.

Es geht im Kern um folgende Frage: Um welchen Preis müssen Partnerschaften und Familien erhalten bleiben? Wenn die Familie kein sicherer Ort mehr ist, hat sie kein Existenzrecht mehr. Asyle, zu denen Frauenhäuser gehören, haben in einer Zivilgesellschaft ein unbedingtes Existenzrecht.

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