Reerdigungen – Beisetzung ohne Sarg und Urne

Erschienen im Caspary-Journal, September 2025

Auch Menschen sind Teil des natürlichen Kreislaufs, in den sie nach dem Tod wieder eintreten. Doch wie wichtig ist es jeder und jedem, auf welche Art dies geschieht? Im Sarg oder Urne, einem von beiden – oder?


Reerdigungen sind in Deutschland noch nicht weit verbreitet

Bestattungen unterliegen einem steten Wandel. Heutzutage werden bundesweit durchschnittlich 80 Prozent aller Verstorbenen in einer Urne bestattet. Mit Caspary Bestattungen setzen 62% aller Angehörigen ihre Verstorbenen in einer Urne auf einem Friedhof bei, 10 Prozent an einem Baum, 7% auf See und 6% verstreuen die Asche. Die restlichen 15% sind Erdbeisetzungen. Beisetzungen gänzlich ohne Sarg und Urne sind in Bremen derzeit nur für Musliminnen und Muslime möglich. Reerdigungen gibt es derzeit nur in Schleswig-Holstein.

Wie funktioniert eine Reerdigung?

Reerdigungen sind eine Bestattungsform ohne Sarg und Urne und kommen ohne fossile Brennstoffe und weitere Schadstoffe aus. Der tote Körper wird auf Heu und Stroh gebettet, mit einem Substrat aus organischen Stoffen bedeckt und in einem verschlossenen metallenen Behälter 40 Tage lang seicht hin- und hergewogen. Bei einer Temperatur von etwa 70 Grad Celsius transformieren Mikroorganismen, Bakterien und Pilze den Körper zu Humus, der dann beigesetzt wird – zusammen mit den nicht zersetzten Knochenresten. Sie werden fein gemahlen, wie das nach Einäscherungen auch üblich ist.
Befürwortende empfinden Reerdigungen würdevoller und natürlicher. Und je mehr sich Menschen damit befassen, was mit Ihrem Körper nach dem Sterben geschieht, desto häufiger dürfte auch eine Reerdigung gewünscht werden.

Wo sind Reerdigungen in Deutschland möglich?

Die für eine Reerdigungen erforderlichen Kokons und Alvarien – wie die Metallbehälter und die Gebäude heißen, in denen die Kokons stehen – gibt es bislang erst in Schleswig-Holstein. 25 Friedhöfe bundesweit erlauben derzeit die Bestattung des menschlichen Humus – in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.
Pablo Metz und Max Hüsch brachten Reerdigungen nach Deutschland, die in den USA entwickelt worden ist. Metz und Hüsch gründeten dafür das Startup „Meine Erde“, mit Sitz in Berlin, hinter dem die gemeinnützige Stiftung „Reerdigungen“ steht. Die Technologie und das Verfahren sind zum Patent angemeldet.

Kritiker*innen äußern Bedenken

Die Zukunft der Reerdigungen sind allerdings völlig offen. Dass der Modellversuch in Schleswig-Holstein jetzt nach zwei Jahren verlängert, gilt als gesichert. Doch ist derzeit kein Bundesland bereit, das landeseigene Bestattungsgesetz zu ändern. Das wäre Voraussetzung dafür, dass Alvarien und Kokons auch woanders aufgebaut werden können. Kritiker:innen bemängeln, dass es keine gesicherte wissenschaftliche Expertise darüber gibt, wie nachhaltig Reerdigungen tatsächlich sind. Tatsächlich ist es eine Technologie, für die auch Energie eingesetzt wird.

Es gibt zudem ethische und kulturelle Bedenken: Manche sehen in dem Gesamtprozess eine Störung der Totenruhe, anderen dauert die Transformation zu lange, bis es zur Beisetzung in der Erde kommt.
Außerdem ist die neue Bestattung noch recht teuer. Unter anderem müssen Überführungskosten nach Schleswig-Holstein und wieder zurück eingeplant werden, die Kosten für die Reerdigung sind im Vergleich zur Feuerbestattung ebenfalls deutlich höher.

 

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