
Die Carl-Flemming-Klinik wurde 1830 in Schwerin erbaut und war damals die modernste psychiatrische Anstalt überhaupt. Sie entstand auf einem weitläufigen Gelände, heute ein Park mit Wegen, Bäumen, Büschen, Bänken und Blick auf den Schweriner See.
Mit dem Ende der Weimarer Republik wurde sie durch die Nazis von einer Heil- und Pflegeanstalt Sachsenberg-Lewenberg zu einer der Tötungszentren der NS-Medizinverbrechen. Knapp 2.000 Menschen wurden dort ermordet – mit Spritzen, durch Verhungern oder aufgrund verwahrloster Zustände. Darunter waren hunderte Kinder.
Seit 2008 erinnern ein Mahnmal und eine Gedenktafel auf dem Gelände an die Opfer: „Die Opfer sollen uns eine beständige Mahnung sein. Es gibt kein lebensunwertes Leben“, heißt es unter anderem auf der Gedenktafel. Die dunklen Stümpfe stehen für die ermordeten Menschen.
Ich habe die Klinik besucht. Ich bin durch einen Trauerredenauftrag auf ihr mörderisches Erbe aufmerksam geworden. Die Frau, für die ich gesprochen habe, hatte als Kind dort gelebt, sie war die Tochter eines der dort Beschäftigten.
Ich hatte mir das Buch bestellt, das über die Schicksale der Patient:innen erzählt und über die Verbrecher in weißen Kitteln. Ich habe auch mit den Herausgebern des Buches, dem Historiker Dr. Bernd Kasten sowie dem Arzt Dr. Jörg Pink, gesprochen, der heute das Stadtarchiv in Schwerin leitet. So erfuhr ich, dass die Opfer auf dem Friedhof begraben wurden, der zu dem Gelände gehört.
Über die Kinder der damals dort Beschäftigten, die alles miterlebt haben, steht nichts in den Akten und daher auch nichts in dem Buch. Nun ist wohl eine der letzten Zeitzeuginnen hochbetagt gestorben. Sie hatte ihr Wissen erst vor wenigen Jahren offenbart, war aber nie an die Öffentlichkeit herangetreten.
Leider fand sich auf der Übersichtstafel am Eingang des Geländes kein Hinweis auf den Gedenkort. Als wir beim Personal nachfragten, wo wir das Mahnmal finden, wusste ebenfalls niemand davon. Sie recherchierten hilfsbereit und fanden die Stelle, sodass meine Freundin und ich schnell dorthin kamen.
Den Freundenskreis gibt es noch, der sich damals für die Aufarbeitung der Geschichte der Krankenhausmorde und das Gedenken auf dem Klinikgelände eingesetzt hatte. Das ist gut und ich hoffe, dass es gelingt, die Aufmerksamkeit immer wieder auf diesen Teil der Geschichte zu lenken.
Denn die Geschichtsvergessenen und Relativierer haben ein Interesse daran, dass dies nicht geschieht. Die AfD liegt laut aktuellen Umfragen in Schwerin bei 29 Prozent und hat keinerlei Probleme damit, behinderte Menschen auszugrenzen. Wohin das führen kann, konnte man vor noch gar nicht langer Zeit leidvoll erleben. Die Opfer von damals sollten eine Mahnung sein, die Vielgestaltigkeit des Lebens anzuerkennen und zu fördern.
Das ist eine traurige Geschichte, die leider immer wieder vergessen wird. Es ist gut, dass über die Opfer und das Verbrechen in der Carl-Flemming-Klinik berichtet wird, aber das Mahnmal sollte unbedingt bekannter sein. Die AfD sollte sich wirklich nicht einmischen.
This article deeply moved me. It’s heartbreaking to learn about the atrocities committed at the Carl-Flemming-Klinik and the lack of acknowledgment. The loss of witnesses and the fading memory are truly concerning.