Zwei Teilnehmer der Podiumsrunde im mhc*hatten ihre Wahlkampfflyer mitgebracht. Sonst erinnerte an diesem Abend wenig daran, dass in fünf Wochen Bürgerschaftswahlen in Hamburg sind. Zu dem vom LSVD** organisierten Abend waren VertreterInnen aller in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen eingeladen worden. Meine Eindrücke von einem queeren Abend mit einem Fremdouting der besonderen Art.
Noch bin ich gleichstellungspolitische Sprecherin der Hamburger Linksfraktion und damit auch für Queerpolitik zuständig. Seit sieben Jahren bewege ich auf verschiedenen Ebenen queerpolitische Fragestellungen. Und das mit großem Selbstverständnis und einer gut entwickelten Zusammenarbeit mit den Verbänden der Community – dem mhc, dem LSVD, Intervention*** .
Umso erstaunlicher war es, dass ich erstmals nach sieben Jahren als Heterosexuell geoutet wurde. Der Moderator Thomas Mohr begann die Vorstellung der Podiumsgäste damit, als er mich darauf ansprach. Das Publikum reagierte gelassen und belustigt. Natürlich. Denn natürlich ist es bekannt, dass ich mit einem Mann verheiratet bin. Und alle Queeries, mit denen ich zusammen Politik mache, wissen, dass ich mich nie als lesbisch oder bi ausgegeben oder identifiziert habe. Das war auch nie ein Problem in meiner politischen Arbeit, denn die Community ist fortschrittlich genug, um mich nicht auszugrenzen oder nicht ernst zu nehmen. Im Gegenteil. Ich habe immer einen respektvollen Umgang erlebt.
Und dennoch finde ich das Fremdouting fragwürdig. Denn erstens geht es niemanden etwas an, wie meine sexuelle Orientierung aussieht, und zweitens: Wann ist man eigentlich hetero, wann bi, wann lesbisch? Wenn man eine sexuelle Lebensweise offen lebt? Wenn man sie mal ausprobiert hat? Wenn man sie wenigstens überwiegend lebt? Wenn man sie nur denkt?
In der zweistündigen Podiumsrunde ging es um Trans- und Homophobie, Hasskriminalität, um Homosexualität im Alter, um Beratungsangebote für Transgender und Intersexuelle. Ich habe unsere Forderung vorgestellt, ein Landes-Antidiskriminierungsgesetz einzuführen, dass als zusätzliche Diskriminierungsmerkmale soziale Ausgrenzung und chronische Erkrankung festschreibt. Das wäre für an AIDS erkrankte und an HIV Infizierte wichtig. Ich habe die Schuldenbremse kritisiert, weil Gelder für die Präventionsarbeit und den Ausbau von Beratungsstrukturen fehlen. Und dass es bereits in der Ausbildung von Pflegefachkräften Vielfalt Lerninhalt sein muss, damit LTBG*I in der Pflege nicht diskriminiert werden.
Da ich nicht wieder in die Bürgerschaft einziehen werde, habe ich die Abschlussrunde genutzt, mich zu bedanken. Bei allen, mit denen ich sieben Jahre lang zusammengearbeitet habe. Ohne die ich vieles gar nicht hätte in der Bürgerschaft thematisieren können. Danke, Danke, Danke!
* mhc = Magnus Hirschfeld-Zentrum
** LSVD = Lesben- und Schwulenverband Deutschland
*** Intervention = Beratung- und Kultureinrichtung für Lesben
Oh Kersten, der Moderator wollte vielleicht nur checken, ob er bei dir landen kann. Warum hast Du ihn nicht auflaufen lassen?