Jede Sprechstunde des Eingabenausschusses ist anders, Ich habe jetzt bereits mehrere miterlebt, über die in Wandsbek hatte ich gebloggt, zu der in Bergedorf gab es sogar einen TV-Beitrag. Diesmal fand die Sprechstunde im Hamburger Rathaus statt – und wieder waren viele gekommen, um ihr Anliegen uns Abgeordneten vorzutragen.
Die erste Petentin benötigte fast eine halbe Stunde, um ihr Problem loszuwerden. Zunächst war sie ganz taff. Sie hatte Unterlagen dabei, berichtete mit fester Stimme, was sie stört, was sie verändert haben möchte. Nach 20 Minuten veränderte sich das Verhalten der Frau: Sie äußerte Angst, war voller Misstrauen, stotterte. Unsere beruhigenden Versuche steigerten ihre Besorgnis noch mehr, dass sie erhebliche Nachteile haben könnte, sollte sie ihre Petition einreichen. Irgendwann merkten wir, dass es aussichtslos war. Sie verlangte von uns, nichts davon zu berichten, was sie uns erzählt hat und ging schnell und in gebückter Haltung aus dem Raum.
Die zweite Petentin hatte ihre Eingabe bereits schriftlich ausformuliert mitgebracht. Sie suchte Hilfe, weil sie nach einer Operation bleibende körperliche Beeinträchtigungen erlitten hatte. Von dem Hamburger Krankenhaus, von dem sie sich zunächst Hilfe erhoffte, war sie schwerst enttäuscht. Eine Strafanzeige gegen den behandelnden Arzt verlief nicht so, wie sie erwartet hatte. Wir sagte ihr zu, den Fall zu überprüfen. Ich bewunderte die Stärke, die diese junge Frau mitbrachte, das Leid, dass sie uns sehr eindrücklich geschildert hatte und das mit einer Verkettung mehrere Umstände zu einer persönlichen Katastrophe ausgewachsen war, zu ertragen.
Die dritte Petentin wollte sich für andere, nämlich behinderte, Menschen einsetzen. Zunächst ließ sie sich über das Petitionsverfahren aufklären. Dann packte sie ihre Unterlagen aus und berichtete das Anliegen. Ich muss dazu sagen: Nach drei Jahren Zusammenarbeit im Eingabenausschuss sind wir alle bemüht, erst einmal eine Sache mit Abstand anzuhören und nicht vorschnell zu bewerten. Doch hier lag der Fall offen auf der Hand: Hier werden behinderte Menschen in ihrer Lebenshaltung gefährdet. Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass wir hier wirklich effektiv und nachhaltig helfen können: In der Behörde hat eine Umstrukturierung stattgefunden, die für die Betroffenen ziemliche Nachteile bedeutet. Ein klassisches Thema für ein Petitionsverfahren – mit dem Behördenhandeln überprüft werden und Abhilfe verlangt werden kann.
Die nächsten, die zu uns kamen, war ein Ehepaar. Zuerst begriffen wir nicht ganz, was deren Problem gewesen ist. In solchen Fällen ist es immer wichtig, genau nachzufragen, nachzuhaken. Ausschweifende Berichte sind oft nicht hilfreich, wenn wir das Anliegen, das dahinter steckt, nicht sehen können. Ich hatte den Eindruck, dass die beiden die Obleute der Fraktionen zunächst “auf ihre Seite” ziehen wollten, bevor sie ihr Ziel offenbarten. Schon aus dem Vortrag ergab sich dann aber für mich, dass die Kritik an der Behörde offenbar nicht berechtigt ist. Dennoch wollen wir die Angelegenheit erst einmal gründlich prüfen, den Senat dazu berichten und bewerten lassen und dann ein abschließendes Urteil bilden. Ich bin skeptisch, aber ich habe mich auch schon geirrt.
Zuletzt nahm eine Frau Platz, die sich zunächst über die langen Wartezeit beschwerte, die sie bei uns hatte. Dann beklagte sie sich über die hohen Mieten in Hamburg. Dann kam sie zum Punkt, um den es ihr wirklich ging. Und auch diesen Vortrag fanden wir schnell schlüssig. Das Petitionsverfahren wird auch in diesem Fall aufklären, ob wir der Behörde, um die es geht, eine Empfehlung geben werden, wie sie mehr Bürgernähe und Offenheit an den Tag legen kann.
Eineinhalb Stunden sind wenig, um die Anliegen der Menschen zu hören. Aber es ist ein zusätzliches Angebot, um Petitionen einzureichen. Auch wer nicht persönich erscheint, bekommt natürlich die nötige Aufmerksamkeit. Wer allerdings den direkten Weg sucht, kann zusätzlich zu dem Geschriebenen seinem Problem Nachdruck verleihen. Ich kann nur dazu raten, das auch einmal zu nutzen. Die Termine werden rechtzeitig in den sozailen medien, aber auch auf der Website der Bürgerschaft sowie in gedruckten Flyern, die in den Bezirksämtern ausliegen, bekannt gegeben.
Kommenden Montag bin ich in Berlin, weil sich die linken Abgeordneten, die in den Petitionsausschusses der Parlamente sitzen, wieder einmal zum Austausch treffen. Ich werde mich auf jeden Fall danach erkundigen, wie es in den anderen Landtagen gehandhabt wird mit den Sprechstunden.