
veröffentlicht im Caspary-Journal
„Elena versteht das noch nicht.“ – „John würde nur stören.“ – „Mia bekäme bestimmt danach Alpträume!“ Sätze von Eltern, die so oder so ähnlich immer wieder gesagt werden, wenn die Frage aufkommt, ob Kinder mit zur Beerdigung kommen sollen.
Die Erfahrung zeigt, dass es gut ist, wenn Kinder dabei sind – und zwar in jedem Alter. Vor allem, wenn jemand sehr nahestehendes gestorben ist wie ein Eltern- oder Großelternteil oder ein Geschwisterkind, tut es Kindern gut, zu sehen, wo die Verstorbenen bleiben.
Kinder und Jugendliche sollten grundsätzlich selbst entscheiden, ob sie mit zur Trauerfeier und zur Beerdigung kommen möchten. Ab einem Alter von etwa fünf bis sechs Jahren können sie die Tragweite auch erfassen. Hilfreich ist, ihnen die Abläufe zu erklären und für Fragen und Unsicherheiten da zu sein – vor, und auch während der Beerdigung. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, wer das Kind begleitet, sollte es hinausgehen oder spielen wollen. Für Kinder ist wichtig zu wissen: Sie dürfen jederzeit eine Pause machen.
Kinder möchten beteiligt werden
Kinder möchten in der Regel beteiligt werden. Sie haben möglicherweise eigene Wünsche, wie sie sich verabschieden wollen. Mia möchte vielleicht eine Pressblume ins Grab geben, die sie mit der Oma gemeinsam getrocknet hat.
Sich ausgegrenzt zu fühlen, kann die kindliche Trauerverarbeitung sogar erschweren. Je nach Alter haben sie Fragen. Vor- und Grundschulkinder wollen alles Mögliche wissen, sie können sehr direkte und auch kuriose Fragen stellen: Sterbe ich jetzt auch? Bin ich schuld an Omas Tod? Kann Opa im Sarg wieder aufwachen? Wie tief wird die Urne vergraben? Wie sieht die Asche aus? Wenn alle Menschen sterben, kommen dann die Dinosaurier wieder?
Geduldige und feinfühluge Bestatter:innen geben gute Antworten. Und sei es ein „Ich glaube, die Dinosaurier gibt es nur noch in Fernsehfilmen und in Spielzeuggeschäften. Oder was glaubst Du?“ Fantasie darf beim Trauern sein.
Den Nachkriegsgenerationen fehlt mittlerweile der natürliche Umgang mit dem Tod
Leider ist es so, dass Kinder seit der Nachkriegszeit oft von Sterben und Tod ferngehalten wurden. Ganzen Generationen fehlt mittlerweile der natürliche Umgang mit dem Tod im familiären Umfeld.
Viele brechen mittlerweile mit dem Tabu: So hatte eine Familie nahe Verwandte zur Aufbahrung ihrer 88-jährigen Angehörigen ins Bestattungsinstitut eingeladen. Auch Urenkel:innen waren gekommen. Es gab Eis und Kuchen, Musik spielte im Hintergrund. Der Sarg wurde gemeinsam bemalt, viele setzten ihre Hand- und Fingerabdrücke daraus. Es wurde geweint, erzählt und auch gelacht.
Das passte: Die 88-Jährige war eine fröhliche Frau gewesen. Zur Trauerfeier haben die Kinder Steine ins Grab gegeben, auf denen ihre Namen gestanden haben – damit sie nicht allein auf die Reise geht. Ein Lied wurde gespielt, dass Ur-Oma gern vorgesungen hatte: „Weißt Du, wie viel Sternlein stehen.“
Expert:innen wissen: Wenn Kinder trauern, ist es genauso ein Anpassungsprozess an eine neue Realität, wie bei Erwachsenen – aber anders.

Trauerbegleiter:innen veranschaulichen das oft mit einer „Trauerpfütze“: Das Kind tobt, springt und hüpft hinein und wieder hinaus – genauso findet in seinem Innern die Trauerverarbeitung statt: Eher sprunghaft und spontan.
Im Grundschulalter drücken sie ihre Gefühle dann eher mit einem gemalten Bild aus oder lassen ihre Puppen sterben. Manche sprechen nicht gern über ihre Gefühle. Dann sollten sie wissen, dass sie jederzeit mit jemandem reden können – auch über die Angst, selbst zu sterben. Vielleicht entsteht nun das erste Tagebuch?
Wut spielt im Jugendalter bereits eine große Rolle, weil Teenager mit dem, was in ihrem Innern vorgeht, zusätzlich zur Pubertät überhaupt nicht klarkommen. Der Freund*innenkreis ist jetzt besonders wichtig. Trauernde Jugendliche wollen eher sofort wieder in die Schule oder zum Sport und mögen keine Beileidsbekundungen.
Und selbst die ganz Kleinen bis zwei Jahren spüren, wenn jemand fehlt, der ihnen vertraut war. Sie benötigen ebenso besondere Zuwendung, Lieder, Kuscheln, Fotos anschauen. Sie suchen die Person. Trauern in Gemeinschaft macht sie leichter und erträglicher – für Kinder wie für Erwachsene.