Rede zum 8. März 2019 auf dem Hamburger Rathausmarkt
Weltweit gehen heute Menschen auf die Straße, um gegen die Unterdrückung von Frauen und Mädchen zu protestieren. Der Kampf um gleiche Rechte ist immer ein internationaler Kampf und macht vor keiner Grenze halt. Und wenn wir heute hier in Hamburg demonstrieren, dann sind wir auch in Gedanken an unsere Schwestern überall auf der Welt. Denn es sind überall die gleichen diskriminierenden Herrschaftsstrukturen, die Frauen weniger Rechte zugestehen. Die sie bewusst klein und niedrig halten. Oftmals mit Gewalt.
Frauen wird auch immer noch das Recht abgesprochen, allein zu entscheiden, ob und wann sie Kinder gebären. Es ist eine besonders perfide Form der Gewalt, eine ungewollte Schwangerschaft austragen zu müssen und eine ungewollte Geburt zu erleiden. Und immer noch sterben Frauen und Mädchen an illegalen Schwangerschaftsabbrüchen und an jenen, die sie aus Not an sich selbst herbeigeführt haben. Und diese Gewalt wird in Deutschland mit den §§ 218 und 219 manifestiert.
Die Proteste der letzten Monate gegen den § 219a StGB haben allerdings gezeigt, dass Hundertausende nicht mehr bereit sind, dass ihre reproduktiven Rechte im Strafgesetzbuch reglementiert sind. Die §§ 218 und 219 müssen endlich weg!
Als pro familia Vorsitzende in Hamburg rufe ich Euch dazu auf, sich uns anzuschließen und gemeinsam weiter dagegen zu kämpfen. Macht daher auch mit in unserem Hamburger Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, das wir im Mai letzten Jahres gegründet haben.
Wir sind nicht mehr aufzuhalten, auch wenn die Große Koalition meint, uns mit einem faulen Kompromiss stoppen zu können.
Nein. jetzt erst Recht!
Es ist Gewalt, wenn andere über mein Leben entscheiden und nicht ich selbst.
Liebe Hamburgerinnen und Hamburger, liebe Frauen, Schwestern, Tanten, Cousinen, Nichten, Mütter, Großmütter, Freundinnen, Geliebte, Kolleginnen, Genossinnen, Nachbarinnen!
Wenn wir heute für Frauenrechte demonstrieren, protestieren und streiken, dann kämpfen wir für ein friedliches Zusammenleben. Für Solidarität. Für Akzeptanz. Für eine Zukunft ohne Armut und ohne Kriege. Für eine Welt, in der man leben darf, wo man möchte. Gegen Rassismus. Gegen Faschismus. Gegen alte und neue Nazis. Gegen falsche Kompromisse, die uns nur hinhalten sollen.
Das Patriarchat ist ungefähr 8.000 Jahre alt. Das reicht. Es muss ein Ende haben. Der politische Streik ist das Mittel, das wir haben, um Veränderungen durchzusetzen. Und nicht ohne Grund ist er in Deutschland verboten.
Seit vielen Jahren bereits streiken zudem immer mehr Frauen für ein besseres Leben. Zuletzt im Öffentlichen Dienst. Aber auch in Krankenhäusern, Kitas, Pflegeheimen. Der Mut steigt, weil aber auch die Not steigt, wie die heutige Demo des Bündnisses gegen den Pflegenotstand ja auch deutlich macht. Immer öfter müssen Frauen auch ihre Familie allein ernähren. Überproportional sind sie alleinerziehend. Wir sind heute daher auch mit all jenen solidarisch, die in Tarifkämpfen stehen.
Und ich erwarte und fordere, dass spätestens im nächsten Jahr der DGB, IG Metall, ver.di und die anderen ebenfalls wieder aufrufen, am 8. März auf die Straße zu gehen. Ich war selbst ein Leben lang in der gewerkschaftlichen Frauenarbeit engagiert. Und ich weiß, was es bedeutet, wenn ich sage: Die Gewerkschaften müssen dringend feministischer werden. Das heißt: Sie müssen stärker die unbezahlte Arbeit in den Mittelpunkt rücken und in Tarifverträgen mit aushandeln. In vielen Gewerkschaften organisieren sich bereitis immer mehr Frauen. Das ist der richtige Weg! Wenn wir die Arbeit niederlegen, steht die Welt still!
Der politische Streik muss in Deutschland wieder möglich sein. Seine Durchsetzung wird aber nicht im Parlament, sondern wird auf der Straße entschieden und wird nur mit vereinten Kräften gelingen.
Machtverhältnisse sind nicht in Stein gemeißelt. Es sind Herrschaftsverhältnisse, die zwischen Männern und Frauen, bzw. weiteren diskriminierten Geschlechtern vorhanden sind, aber auch und eben zwischen oben und unten. Es sind immer die Verschränkungen von Klasse und Geschlecht!
Und wir haben einen Gegner, der offenbar an Stärke gewinnt: Die Rechte, die neuen Nazis, und diejenigen, die mit religiösen Phantasien Embryonen und Föten mehr Rechte zu gestehen als den Geborenen. Sie heißen Besorgte Eltern, Pegida und AfD, aber auch Teile der CDU, und sie nennen ihre öffentlichen Darbietungen und Belästigungen „Märsche für das Leben“, „1000- Kreuze-Marsch“ oder „Mahnwachen“.
Und wenn am 15. März der Prozess am Hamburger Landgericht stattfindet, den der Mann angezettelt hat, der zig Ärztinnen und Ärzte nach § 219a StGB angezeigt und denunziert hat und nun nicht will, dass sein Name öffentlich genannt wird, dann lasst uns deutlich zeigen, dass wir uns den Mund nicht verbieten lassen! Kommt daher nächsten Freitag zur Soli-Kundgebung um halb zwölf vor das Landgericht!
Stoppt die Frauenhasser!
Tolle kämpferische Rede, Kersten!
Ich wäre dafür, die Institution “Ehe” abzuschaffen. Auch hier entwickeln sich Machtverhältnisse, zum Schaden des scheinbar Schwächeren. Keine Ahnung wie der vermeintliche Sieger sich dabei fühlt, sofern er fühlen kann. Alles eine Illusion, der man sich bereitwillig freiwillig hingegeben hat. Was für ein Wahnsinn!