Vortrag: Frauenrechte sind Menschenrechte – der § 219a und die Folgen

Vortrag beim Festakt anlässlich des 40-jährigen Bestehehens des Medizinischen Zentrums pro familia Bremen

Liebe Anwesende,

zunächst überbringe ich eine Grußbotschaft, die wie folgt lautet: Liebe Pro Familia Bremen, vor ca. 30 Jahren wart Ihr unser großes Vorbild und Ihr habt mir u. a. einen respektvollen, korrekten Umgang mit den betroffenen Frauen beigebracht. Danke für Eure Arbeit! Diese Grußbotschaft stammt von twitter und geschrieben hat sie – Kristina Hänel. Ich möchte mich diesem Dank ausdrücklich anschließen.

Und ich finde es unglaublich toll, dass Ihr Euren Fachtag anlässlich des Jubiläums des Medizinisches Zentrums den Frauenrechten als Menschenrechte gewidmet habt. Denn darum geht es ja beim 219a: Das Recht jeder Frau, über sich und ihren Körper nach umfassenden, frei zugänglichen Informationen selbst entscheiden zu können. Vortrag: Frauenrechte sind Menschenrechte – der § 219a und die Folgen weiterlesen

Zu wenig Frauen in den Medien-Spitzen

veröffentlicht in M – Menschen machen Medien

Sitzen sie immer noch fest auf dem Pavianfelsen namens Chefredaktion, die Herren Chefredakteure? Oder kommen die Journalistinnen mittlerweile auch in angemessener Anzahl an die Spitze der Medien? Nein, offenbar nicht! Der Verein ProQuote Medien hat jetzt den zweiten Teil seiner Studie veröffentlicht, in dem die Geschlechterverteilung in journalistischen Führungspositionen untersucht wurde. Schwerpunkt der Untersuchung waren Presse und Onlinemedien.

Das Fazit vorweg: Es hat sich in den letzten drei Jahren nur wenig verändert. Fast überall herrscht Stillstand. Es gab sogar Rückschritte. Und es scheint auch, dass das Thema in Verlagen und Redaktionen noch nicht als gemeinsame Angelegenheit angekommen ist. Auf der gut besuchten Pressekonferenz, die am 7. November im Hause bei Gruner und Jahr am Baumwall in Hamburg stattfand, war keine Handvoll Männer zugegen. Zu wenig Frauen in den Medien-Spitzen weiterlesen

Die Versorgungssituation von ungewollt Schwangeren in Hamburg – Zeit zum Handeln!

veröffentlicht in pro familia Magazin 4/19

Hamburgs Bevölkerung wächst seit Jahren. Ob diese Entwicklung auch bei der Versorgung ungewollt Schwangerer Berücksichtigung findet, sollten zwei Anfragen herausfinden, die Grüne und Linke an den Senat gestellt haben.

Die Antworten zeigen, dass wichtige Informationen nicht vorliegen, um die Versorgungslage von ungewollt Schwangeren richtig einzuschätzen und für die Zukunft zu planen. Weder sind die gestiegenen Wartezeiten bekannt, die zwischen Beratungen und Abbrüchen liegen, noch werden die Versorgungssituationen in den benachbarten Bundesländern bewertet. Die Versorgungssituation von ungewollt Schwangeren in Hamburg – Zeit zum Handeln! weiterlesen

Medienmagazin “M”: Der Streit um den § 219a StGB ist noch lange nicht zu Ende

veröffentlicht im Medienmagazin “M

Die Reform des Paragraphen 219a Strafgesetzbuch vom Jahresbeginn hat so gut wie nichts geändert. Ärztinnen und Ärzte, die über Schwangerschaftsabbrüche informieren und solche durchführen, werden weiter kriminalisiert. Abtreibungsgegner machen fortwährend mobil – nicht ohne Grund auch gegen Redaktionen, Journalistinnen und Journalisten.

Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland verboten. Treibt eine Schwangere ab, muss sie nach § 218 StGB mit einer bis zu einjährigen Gefängnisstrafe rechnen. Der Eingriff ist nur straffrei, wenn die Frau an einer Pflichtberatung teilnimmt, den Abbruch mit einem Mindestabstand von drei Tagen vornehmen lässt, er innerhalb der ersten 12. Schwangerschaftswochen stattfindet und Beratung sowie Abbruch von verschiedenen Personen durchgeführt werden. Medienmagazin “M”: Der Streit um den § 219a StGB ist noch lange nicht zu Ende weiterlesen

50 Jahre pro familia Hamburg

©HeikeGünther

Das war ein toller Tag: Über 150 Gäste waren ins Hamburger Rathaus gekommen, um mit uns unser Jubiläum zu würdigen. Hier ist die Presseerklärung der Gesundheitsbehörde dazu, hier der Bericht im Hamburg Journal und hier Rede, die ich auf dem Senatsempfang gehalten habe, im Wortlaut – und hier kann das Video dazu gesehen werden:

Liebe Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft, sehr geehrte Frau Senatorin Prüfer-Storcks, liebe Stefanie Schlitt, liebe Gäste des heutigen Empfangs,

wir sind ganz unbescheiden, wenn wir sagen: Wir lassen uns heute gerne loben und feiern!

Und es ist schön, dass viele Ehemalige – Vorstandsmitglieder und langjährig Beschäftigte – heute ebenfalls hier sind. Alle haben ihren Teil dazu beigetragen, dass pro familia Hamburg eine gewichtige Stimme hat, wenn es um Sexualpolitik geht, und die wichtigste Anlaufstelle für Menschen ist, die Unterstützung bei der Familienplanung suchen. 50 Jahre pro familia Hamburg weiterlesen

Zwischen Hoffen und Bangen

Selfie vor der OP

Es ist vorbei. Nun kann ich darüber schreiben. Das ging vorher nicht, denn ich musste in den letzten Wochen mit zwiespältigen Gefühlen klarkommen. Und wollte meine Gemütslage nicht bloßlegen. Wollte weder die berühmten Pferde scheu machen noch andere zum googeln verleiten, weil mir mein eigenes Halbwissen bereits mehr als reichte. So wussten nur ganz wenige Menschen Bescheid.

Meine Frauenärztin hatte Mitte Juni bei einer Routinevorsorge eine Zyste entdeckt. Und weil die an einer Stelle saß, wo sie – in meinem Alter – nicht mehr hingehörten sollte, empfahl die Ärztin sowohl ihre Entfernung wie auch die der Keimdrüse, an der sie hing. Sie überwies mich an ein Krankenhaus, das für diese Art Operationen eine gute Adresse sein soll.

Vielleicht hätte sie aber einige Sätze nicht sagen oder ihre Vermutungen anders ausdrücken sollen. So aber sagte sie: “Man kann ja immer etwas finden.” – “Das kann auch Überdiagnostik sein.” – “Dahinter kann sich etwas verbergen, was auch nicht so schön sein kann.” Aussagen, die auf mich wirkten, langsam in mich einsickerten, von meinen Gedanken Besitz ergriffen, mich Stück für Stück hilfloser machten. Vielleicht aber hätte der Befund auch gar nicht so viel ausgelöst, hätte ich nicht mehrere Wochen auf das Gespräch im Krankenhaus warten müssen. Denn natürlich rief ich gleich dort an. Doch erst vier Wochen später hatte man Zeit für mich. Zwischen Hoffen und Bangen weiterlesen

Die Bewegung gegen den 219a ist eine Erfolgsgeschichte

Collage: keartus (Bilder vom Prozess und Protest November 2017 in Gießen)

Eiken Bruhn stellt in ihrem Beitrag im pro familia Magazin 2/19* fest, dass es beim Thema Schwangerschaftsabbruch zu wenig öffentlichen Druck gegeben habe. Ich sehe das anders.

Die Bewegung gegen den § 219a StGB sucht ihresgleichen. Seit vielen Jahren war die Frauenbewegung nicht mehr so aktiv, so bewegt, so sichtbar. Und so übergreifend einig: Christinnen, Grüne, Sozialdemokratinnen, Sozialistinnen, Linke, Liberale, Autonome, Jüngere, Ältere, einfache Angestellte, Unternehmerinnen, Freiberuflerinnen, Studierende, und auch vereinzelt Christdemokratinnen verlangten von der Bundesregierung die Abschaffung des Informationsverbots für Ärzt*innen, wenn sie Schwangerschaftsabbrüche anbieten. Expert*innen verschiedener politischer Fachrichtungen unterstützten sie: Voran die Frauenpolitikerinnen, aber zusätzlich Abgeordnete mit den Schwerpunkten Recht und Gesundheit befanden den 219a für frauenfeindlich, antidemokratisch, stellten dessen Verfassungsmäßigkeit in Frage. Auch die Medien spiegelten diesen breiten Protest wieder, wobei es meiner Einschätzung nach die jungen Journalistinnen in den Redaktionen waren, die die Geschichten trieben und Reportagen, Interviews, Porträts und Investigativrecherchen veröffentlichten. Die Aussage von Eiken Bruhn „dass das Thema außerhalb von Fachkrise nur wenige Menschen bewegt“, stimmt daher nicht. Im Gegenteil. Die Bewegung gegen den 219a ist eine Erfolgsgeschichte weiterlesen

Interview: „Grenzen im Kopf”

Sönke Fock: “Es bleibt immer der schmale Grat zwischen Respekt vor dem Gegenüber und der Privatsphäre und dem, was wirklich für unsere Dienstleistung von Bedeutung ist.”

Es ist Sönke Fock, Chef der Agentur für Arbeit Hamburg (rechts auf dem Bild), ein ganz persönliches Anliegen, Vielfalt am Arbeitsplatz in der Behörde zu leben und gleichzeitig eine neue professionelle Sicht auf Arbeitsvermittlung zu entwickeln. Hier spricht er über seine Motive, Erfahrungen und Forderungen – an sich selbst, an die Arbeitsvermittler*innen, an Unternehmerinnen und Unternehmer. Und welche Chancen vergeben werden, wenn Diversitäten in den Betrieben ignoriert werden.

Interview: Kersten Artus

Herr Fock, warum ist es heute immer noch nicht selbstverständlich, sich als schwul, lesbisch, intersexuell oder transgender im Betrieb zu outen?

Sönke Fock: Das ist leider so, weil viele Menschen sich immer noch fragen, ob damit Nachteile für sie verbunden seien. Oder weil sie glauben, dass Chefin oder Chef wie auch Kolleginnen und Kollegen es nicht akzeptieren. Deswegen sind Grenzen im Kopf und im Herzen, um sich ohne Bedenken zu öffnen.

Sind da wirklich nur Grenzen in Kopf und Herzen?

S.F.: Die Erfahrungen mit Diskriminierungen sind sehr unterschiedlich. Aus Gesprächen weiß ich, dass es nicht oder selten die direkte Ablehnung ist, sondern sie eher indirekt erfolgt. Etwa, indem Kontakte seltener werden oder sich die Kommunikation verändert; oder dass eine gewisse Sprachlosigkeit einzieht. Aber es gibt auch die anderen Erfahrungen. Reaktionen wie „Das wussten wir schon längst, wir haben nur nicht darüber gesprochen“. Oder das Outing wird einfach positiv oder eher beiläufig aufgenommen. Interview: „Grenzen im Kopf” weiterlesen

Deutsche Kinder in Paris (1925)

©pixabay

von Ignaz Wrobel (Tucholsky), 1925

Im Pariser Gewerkschaftshaus, in der Rue Grange-aux-Belles, lärmt der große, braungraue Versammlungssaal. Kinder, überall Kinder. In einer Ecke stehen Pakete, Kisten, Rucksäcke: Nahrungsmittel, Stoffe, kleine Käfige mit Meerschweinchen und Kaninchen – das wird jetzt auf die Bahn geschafft. Frauen sitzen auf den Bänken, Arbeiterfrauen. Man sieht viele verheulte Gesichter. Hier wird Abschied genommen: ein Transport deutscher Kinder, die sechs Monate zu Besuch bei den französischen Genossen waren, nimmt Abschied. Deutsche Kinder in Paris (1925) weiterlesen