
Am Sonntag war ich bei der Arbeiterwohlfahrt eingeladen. Ein Wahlkampftermin, bei dem es nichts zu kämpfen gab, sondern Kaffee und Kuchen. 50 ältere Frauen und Männern waren gekommen, sie nahmen an acht Tischen Platz. Wir waren zu fünft – von jeder Partei aus der Bürgerschaft.
Autor: Kersten Artus
Mein Onkel, der mir Bücher schenkte
Mein Onkel hat fast nie mit mir gesprochen. Er war der Einzige, der mir Bücher geschenkt hat.
Er ist ein Einzelgänger, dachte ich als Kind. „Er ist ein kluger Mann.“, sagte mein Vater. Er spielte Schach und war Kassenwart im Oberneulander Turnverein. Und war von Beruf Prokurist. Er war unverheiratet und hatte keine Kinder. Zeitlebens wohnte er bei meiner Oma. Mein Onkel, der mir Bücher schenkte weiterlesen
24 Stunden
Es macht einen Unterschied, ob man ein Kind ein paar Stunden hat oder einen ganzen Tag. Ehrlich gesagt, war ich ziemlich erschöpft, als seine Mutter den Kleinen wieder abgeholt hat. Dabei habe ich nicht viel getan. Und einigermaßen gut geschlafen hat mein Enkel auch. Und wenig geweint. Aber nach drei Mahlzeiten, sechs Windeln, einer Nacht, einem Mittagsschlaf und zwei Ausflügen fühle ich mich schlapp und erholungsbedürftig. 24 Stunden weiterlesen
“Was für ein Glück!”
Ein Berufsleben ohne Betriebsrats- und Gewerkschaftsarbeit wäre für mich kein Leben gewesen. Ich würde es immer wieder so machen. Auch wenn ich wüsste, dass alles, was geschehen ist, genauso geschehen würde. Denn ich wüsste ja auch, dass ich etwas besitze, was stärker ist als alles, was mir entgegengesetzt würde: Solidarität. Was für ein Glück!
Lassen wir uns nicht schrecken durch die Ungunst äußerer Umstände, haben wir für alle Schwierigkeiten nur eine Antwort: Jetzt erst recht!” (Clara Zetkin)
Denn einzig das wäre Solidarität
Wenn die Hutmacher heute einen Streik beginnen, so haben sie die Aussicht, ihn siegreich zu beenden – durch ihre Solidarität. Wenn die Setzer einer großen Zeitung ihre Lohnforderungen erhöhen, so wird ihr Streikbeschluss, einmal gefasst, den Unternehmer zu Verhandlungen zwingen, denn die Setzer sind solidarisch. Wenn aber die geistigen Arbeiter einen Streik inszenierten … ach! sie fangen gar keinen an. Denn einzig das wäre Solidarität weiterlesen
Wichtig sind der Lieblingsstift und das Haiku
“Wo eine Wille ist, ist auch ein Stift”, hat Amelie Gräf eines ihrer Seminare getitelt. Die Journalistin und Schreibtrainerin ist drei Tage lang auch meine Dozentin gewesen. “Kreatives Schreiben” war der Titel des Kurses, den sie an der Akademie für Publizistik angeboten hat und den ich mit elf weiteren Frauen und Männern belegt hatte. Wir alle sind in der Text-Branche unterwegs. In Redaktionen, PR-Agenturen und Kommunikationsabteilungen. Ich möchte Hilfe für populäres Schreiben, nachdem ich sieben Jahre lang Reden, Presserklärungen, parlamentarische Anfragen und Anträge fabriziert habe. Wichtig sind der Lieblingsstift und das Haiku weiterlesen
Kurz vorm aufrechten Gang!
Es ist ein Tag vor seinem ersten Geburtstag. Morgen zur Geburtstagsfeier kommt viel Besuch, da soll die Wohnung blitzen. Ich habe mich bereit erklärt, mit meinem Enkel gleich spazieren zu gehen, damit der Putz zügig erledigt werden kann. Es wäre eine angenehme Pflicht, wenn nicht der Hamburger Niesel wäre, der die Schanze in eine nassgraue Kulisse verwandelt. Kurz vorm aufrechten Gang! weiterlesen
Autoritätsverlust, Medieninkompetenz und Angstpolitik
„Lügenpresse“ lautet das Unwort des Jahres 2014. Gekürt wurde der Begriff aufgrund des Sprechchorals auf „Pegida“-Kundgebungen in Dresden, „Lügenpresse halt die Fresse“.
Neu ist der Begriff nicht. Und er wurde auch nicht von den Nazis erfunden. Aber es ist eine aktuelle Brisanz damit verbunden, die ihm jetzt zu diesem Titel verholfen hat. Autoritätsverlust, Medieninkompetenz und Angstpolitik weiterlesen
(K)eine Wahlkampfveranstaltung und ein Outing
Zwei Teilnehmer der Podiumsrunde im mhc*hatten ihre Wahlkampfflyer mitgebracht. Sonst erinnerte an diesem Abend wenig daran, dass in fünf Wochen Bürgerschaftswahlen in Hamburg sind. Zu dem vom LSVD** organisierten Abend waren VertreterInnen aller in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen eingeladen worden. Meine Eindrücke von einem queeren Abend mit einem Fremdouting der besonderen Art. (K)eine Wahlkampfveranstaltung und ein Outing weiterlesen
Wenigstens einmal dabei gewesen
Bisher habe ich mich immer davor gedrückt. Aber wie pflegte meine Mutter zusagen: Man muss alles wenigstens einmal probiert haben. Sie meinte das zwar aufs Essen bezogen – weswegen sie mir vor vielen, vielen Jahren zu meinem großen Widerwillen sogar einmal einen Löffel Austern in den Mund geschoben hat.
Für die Politik kann die Lebensweisheit meiner Mutter ebenfalls angewendet werden. Also bin ich zum ersten und wohl auch zum letzten Mal an einem Neujahrsmorgen ins Rathaus gestiefelt und habe dem Bürgermeister bei seinem traditionellen Empfang die Hand geschüttelt. Wenigstens einmal dabei gewesen weiterlesen