Belegt: Verbote vom Prostitution schaden den Frauen.

rote-ketteSeit 1. Februar 2012 ist der öffentliche Geschäftsabschluss zwischen Freiern und Prostituierten in Hamburg-St. Georg verboten. Eine so genannte Kontaktverbotsverordnung belegt den Deal für sexuelle Dienstleistungen mit Bußgeldern, Platzverweisen, Gewahrsamnahmen.

Die Ziele waren, Prostitution im Sperrgebiet einzudämmen und nicht mehr nur die Frauen, sondern auch die Männer zu belangen. Eine erste Bilanz ist ernüchternd: Prostitution findet weiterhin statt, hohe Bußgelder wurden vor allem gegen Frauen verhängt, die soziale Lage der Prostituierten hat sich weiter verschärft. Belegt: Verbote vom Prostitution schaden den Frauen. weiterlesen

Leben im Gefahrengebiet

gefarhengebietDas Gefahrengebiet ist mein Kiez. Hier kaufe ich ein, gehe ich spazieren, hier gibt es meinen Lieblingsgriechen, bei dem ich gern gebratene Forelle esse.

Was hat sich geändert, seit die Hamburger Polizei das Gebiet der Sterschanze, St. Pauli und Altona Nord zum Gefahrengebiet ausgerufen hat? Das Leben darin geht weiter. Die Geschäfte haben geöffnet, die Restaurants, die Kneipen. Aber: Man fühlt sich verdächtig. Und der Hamburger Innensenator will mir einreden, daran wären kriminelle Steinewerfer Schuld. Leben im Gefahrengebiet weiterlesen

“Komm raus!”

fotoWo ich hinschaue, sehe ich Störche. Sie hängen im Flur, im Wohnzimmer und an den Türen. Als Pappkameraden baumeln sie von Girlanden herab und tragen ein Bündel im Schnabel.

Außerdem hängen (noch) farblose Bodys, Strumpfhosen und Söckchen im Miniformat herum. Und bunt einpackte Geschenke stapeln sich auf dem Tisch. In der Küche steht ein Kuchen mit der Aufschrift “Komm raus!” Es ist, wonach es aussieht: Eine Babyparty.

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„Der Baron, die Juden und die Nazis“ – selten war Geschichte so wenig langweilig

unknownDer Adel hat es bis heute immer wieder verstanden, nur die Facetten von sich zu zeigen, die es ihm möglich machten, in der jeweiligen Gesellschaft zur herrschenden “Elite” zu gehören. Er will verbergen, was sein Wesen ist: das einer Kaste, die glaubt, sie sei durch Geburt und Tradition anderen Menschen überlegen. Anstatt über den Judenhass, die Demokratiefeindlichkeit und die Kriegsverbrechen dieser deutschen Elite aufzuklären, legen die Massenmedien und allen voran das öffentlich-rechtliche Fernsehen heute über solche elitekritischen Themen den Mantel des Schweigens. (Jutta Ditfurth)

Jutta Ditfurth untertitelt ihr neues Buch “Der Baron, die Juden und die Nazis“ zwar mit einer „Reise in eine Familiengeschichte“, doch sie nimmt uns mit in den elitären und rassistischen Teil der Geschichte aller Deutschen.

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Ein ganz normaler Shitstorm?

cchMan sollte Sie angesichts dieses Schwachsinns in eine geschlossene Anstalt einliefern.“ – „Sie … stecken bis zu den Schultern in den Ärschen der Migranten …“ – „Meinen Sie nicht, dass Sie es mit Ihrem Heiligenscheingutmenschentum etwas übertreiben?“ – „Laufen Sie mal mit dem Kopf gegen die Wand, vielleicht hilft es!!!“ – „Gott würde ich gerne mal einer solch unfassbar dämlichen Frau begegnen, ausholen und ihr voll eins auf die 12 geben …“ – „Du dämliche Schnalle … wie behindert seid ihr Doofköppe denn?“ – „Die kriegens persönlich. Mir egal wie, und wenn ich ne Woche vor deren Haus campe!“

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Frühstück mit 50 SeniorInnen

rote-ketteÜber die ärztliche Versorgung will ich mit ihnen reden. Und über die Gesundheit älterer Menschen. Es ist morgens, kurz nach Acht und ich mache mich auf den Weg nach Barmbek, zur Köster-Stiftung. Knapp 50 Bewohnerinnen der Wohnanlage erwarten mich zum Frühstück. Als ich in den großen, hellen Raum komme, nassgeregnet und etwas verschwitzt, haben sie schon angefangen. Ich bin zehn Minuten zu spät.

Ein Platz ist noch frei, ich setze mich hin. Mir wird Kaffee eingeschenkt, ich bekomme Brötchen gereicht. Butter. Wurst, Käse, Marmelade, Honig, Quark – das sieht alles sehr lecker aus. Und es schmeckt. Zwei Schokopralinen liegen neben meinem Teller. „Passen Sie gut auf sie auf“, sagt meine Sitznachbarin warnend zu mir und lacht zu den anderen.

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Mal wieder ziemlich eingeBILDet

bloedSie hat seit 1998 fast 40 Prozent ihrer Auflage verloren, das sind über 1.700.000 Exemplare. Und der Abwärtstrend verläuft laut Wikipedia stärker als bei anderen Boulevardzeitungen.

Dennoch glauben die Macher von BILD wohl weiterhin, es sei für die Auflage Erfolg versprechend, wenn sie bestimmen, was (k)ein Skandal ist – in dem sie entweder maßlos übertreiben oder indem sie weglassen oder totschweigen.

Letzte Woche ist es wieder passiert. Und ich frage: Wie eingebildet sind diese Zeitungsleute eigentlich?

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Nelson Mandela: Sein letzter großer Kampf galt HIV/Aids

2d9860416-131206-mandela-aids-130p-nbcnews-ux-2880-1000Als er zu lebenslänglich verurteilt wurde, wurde ich geboren. Als er freikam, war ich erwachsen. Wie fast kein anderer Mensch hat Nelson Mandela meinen politischen Weg geprägt. Ich habe den bewaffneten Kampf des ANC in Südafrika unterstützt, denn der ANC sah keinen anderen Ausweg mehr für die unterdrückte Mehrheit des Landes, die Menschenrechte zurückzuerlangen. Ich habe für die Freilassung von Nelson Mandela gekämpft, den die Rassisten 27 Jahre lang weggesperrt hatten. Ich habe keine Früchte aus Südafrika gekauft und gegessen, denn der ANC hatte aufgerufen, Importe aus Südafrika zu boykottieren. Nelson Mandela: Sein letzter großer Kampf galt HIV/Aids weiterlesen

Keine Prostitution ist auch keine Lösung. Ein Aufruf zum Streit!

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Unter frauenpolitisch Aktiven ist ein hochemotional geführter Streit entbrannt. Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt: Kann und soll Prostitution verboten werden? Kann und soll sie abgeschafft werden? Wie verhalten sich linke Frauen zu dem Appell der konservativen Medienmanagerin Alice Schwarzer? Aber auch: Gibt es eigentlich tolerierbare Ausbeutung?

Die Grenzen bei den Argumenten der beiden „Lager“ sind fließend, denn linke Feministinnen umtreibt allesamt das gleich Motiv in ihren Beweggründen: Wir wollen, dass die Missachtung von Frauen aufhört. Wir wollen Respekt und Anerkennung, und dass Frauen die gleichen Rechte und Möglichkeiten haben, wie die Männer. Wir wollen, dass das patriarchale Gesellschaftssystem mit seinen Unterdrückungsmechanismen durchbrochen und überwunden wird.

Warum entzweien wir uns beim Umgang mit der Prostitution?

Emilja Mitrovic fordert in ihrem Interview in der taz vom 9./10. November 2013 Aufklärungsarbeit. Und mir scheint, dass mangelndes Wissen plus einem kräftigen Schuss Sexualfeindlichkeit und Unterdrückung eigenen Lustempfindens die Hauptursachen des Konflikts ist.

Ich möchte daher mal das „Pferd von hinten aufzäumen“, um den Streit um Sexarbeit zu erklären.

Zum einen:

Diese Gesellschaft ist durch eine Jahrtausende lang durchgehende Sexualfeindlichkeit geprägt. Was zwischen den Beinen und im Unterleib passiert, war ewig ein Tabu. Geschlechtsverkehr war nur in Zusammenhang mit der Fortpflanzung „erlaubt“. Insbesondere Frauen wurde ein Lustempfinden sogar völlig abgesprochen, noch viel zu oft wird es bis heute sogar brutal durch die Genitalbeschneidung ausgemerzt. Und bis heute ist in der katholischen Kirche der Umgang mit Familienplanung (Verhütungsmittel, Abtreibung), Homosexualität oder den sexuellen Bedürfnissen Geistlicher gedanklich und faktisch tabuisiert und sanktioniert.

Zum anderen:

Seit einigen Jahrzehnten erleben wir eine starke Romantisierung der Ehe. Was einst eine rein wirtschaftliche Angelegenheit war, wurde unter anderem durch Weltliteratur wie Romeo und Julia und Hollywood-Kitsch  mit dem Attribut „Liebe“ versehen, aber auch durch eine totale Kommerzialisierung umgedeutet. Der Hochzeitsmarkt ist ein Milliardengeschäft! Einen vergleichbaren Einfluss auf gesellschaftliche Institutionen hatte sonst wohl nur noch der Coca-Cola-Weihnachtsmann. Das romantisierte Bild der Ehe ging einher mit dem Bewusstsein, dass Sex nur in Verbindung mit Liebe etwas Positives und Erwünschbares ist. Und erst mit der Pille, liberaleren Abtreibungsregelungen, den Befreiungskämpfen der Frauen- und Homosexuellenbewegung öffneten sich neue Fenster für weitere akzeptierte Partnerschaften. Aber leider gab es auch Rückschritte in der sexuellen Emanzipation.

Immer noch ein Tabu

Als ersten großen Rückschritt empfand ich die PorNO-Kampagne der Antilinken Alice Schwarzer aus dem Jahr 1987. Mit der Unterstellung, der Konsum pornografischer Darstellungen würde zu mehr Gewalt verleiten, griff Schwarzer tief in die Kiste der zwar gut klingenden, aber nicht bewiesenen Behauptungen. Eine Methode, der sie sich in ihrer Kampagnenkunst immer wieder bediente. Und sie bediente das lustfeindliche Klischee, dass Sex ohne Liebe nicht erlaubt ist. So ist es auch kein Wunder, wie gut das Niveau der Journalistin Alice Schwarzer zur Springer-Postille BILD passt und sie zu ihrer Werbefigur und Kolumnistin wurde.

Sex ohne Liebe – das werden die allermeisten linken Frauen in Ordnung finden. Aber Sex gegen Geld? Da hören die Gemeinsamkeiten auf. Und die Behauptungen und Mythen über Sexarbeit, Prostituierte und Bordelle schießen ins Kraut. Alles wir vermixt mit den eigenen sexuellen (unterdrückten?) Bedürfnissen, aber auch Grenzerfahrungen, individueller sexueller Aufklärung und natürlich auch persönlichen Gewalterfahrungen. Daher ist es geboten, sachlich, solidarisch und mit Respekt mit einander zu diskutieren.

Dass das schwer ist, weiß ich. Ich habe selbst Häusliche Gewalt erlebt und jedes Mal, wenn darüber in der politischen Arena, in der Bürgerschaft oder im Ausschuss, debattiert wird, kommen mir die Bilder meiner Kindheit und Jugend vor Augen. Wenn eine Frau mir von erlebter häuslicher Gewalt berichtet, weine ich mit ihr. Ich weine um meinen Verlust an Nähe und Vertrauen. Es ist schwer, dann sachlich zu bleiben.

Der zweite große Rückschritt bildete die homophobe Hetzkampagne gegen an HIV/Aids-Erkrankte. Darunter hatten vor allem die Homosexuellen, aber auch heterosexuelle Frauen und Männer, die sich infizierten, zu leiden. Die Stigmatisierung der Krankheit und ihrer Opfer konnte nur schwer überwunden werden. Heute sind wir zum Glück große Schritte vorangekommen – zumindest in der Bundesrepublik Deutschland.

(K)eine Arbeit wie jede andere

Die anhaltende ökonomische Unselbstständigkeit von Frauen trägt einen großen Anteil daran, dass die Prostitution als Alternative zu anderer Arbeit gewählt wird. Und warum wesentlich mehr Frauen als Männer in der Sexarbeit tätig sind. Hartz IV hat die Situation noch verschlechtert. Der Arbeitsmarkt steht Frauen nur begrenzt offen. Dennoch glaube ich, selbst bei gleichen Voraussetzungen würde es weiterhin Prostitution geben. Allerdings würden die kriminellen und frauenverachtenden Erscheinungen rund um das Geschäft mit der Sexarbeit eingedämmt und beendet werden.

Die aktuellen Appelle

Die beiden Appelle, die jetzt veröffentlicht wurden, einer für und einer gegen Prostitution, haben eine wichtige Debatte unter uns linken Frauen entfacht. Wir haben zu lange geschwiegen darüber, was Sexarbeit bedeutet. Wir haben uns nicht daran beteiligt, die Klischee des Boulevards zu entzaubern. Flatrate-Bordelle? Ein Werbegag der von männlicher Selbstübeschätzung profitiert, ihre Libido würde für ein ganzes Bordell ausreichen, sagt Emilija Mitrovic. Wir haben es hingegen vermieden, uns sachkundig zu machen. Wir beschäftigten uns lieber mit Finanzmärkten, mit dem Euro, mit Kriegen, mit erneuerbarer Energie – aber nicht mit Sexarbeit. Das muss ein Ende haben. Ich fordere alle Linken auf, sich endlich einem der letzten großen Tabus in der Linken zu stellen und sich sachkundig zu machen.

Ist es eine Lösung, Prostitution – mittel- oder langfristig – abzuschaffen? Ich denke, man kann sie gar nicht abschaffen. Zum einen gibt es eine Nachfrage nach Sex als Dienstleistung (bei Männern wie bei Frauen übrigens), zum anderen bedeutet die Forderung nach einer Abschaffung ein Infragestellen, dass Sex neben dem Liebes- und Zeugungsakt auch eine reine Dienstleistung sein kann. Deswegen geht in diesem Falle auch  die absolutistische Forderung ins Leere, den Kapitalismus abzuschaffen.

Ist es eine Lösung, Freier zu bestrafen? Das Freier-Bestrafungsmodell Schweden und das Kontaktanbahnungsverbot in St. Georg sowie die Sperrgebietsverordnungen zeigen: Prostitution findet trotzdem statt, nur nicht mehr so offen. DIE LINKE Hamburg hat sich daher immer gegen das repressive Modell des SPD-Senats ausgesprochen. Wir fordern auch die Abschaffung aller Sperrgebiete.

Oft wird behauptet, alle Prostituierten hätten Missbrauchserfahrungen, könnten ihren Job nur unter Drogen ausüben und würden lieber heute als Morgen aussteigen. Ich finde dazu nur keine belastbaren Zahlen und seriöse, mehrfach bestätigte Studien. Auf den Seiten der Bunderegierung kann man dazu einiges nachlesen. Wer anderes behauptet, muss es beweisen!

Ich unterstütze den Appell für Prostitution als Erstunterzeichnerin (30. Stelle), weil ich seit Jahren politisch zum Thema Sexarbeit wirke. Ich habe mit Prostituierten gesprochen, mit Sozialarbeiterinnen und habe mich kritisch und selbstkritisch den vielen Mythen angenommen, die es rund um das Thema Prostitution gibt. Ich kann sagen: Auch ich habe mich korrigieren müssen – und weiß heute: Es gibt kaum ein gesellschaftliches Feld, in dem so viel gelogen und behauptet wird, um die eigenen Sichtweisen zu bestätigen. SexarbeiterInnen erheben zudem selbst erst seit kurzem ihre Stimme. Dass ihnen von vielen linken Frauen die Glaubwürdigkeit abgesprochen wird, ist beschämend. Wieso dürfen hier Betroffene keine Stimme haben?

Ich möchte allen Männern, die Frauen misshandeln und sich an ihnen bereichern, das Handwerk legen. Ich kämpfe gegen Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, ich kämpfe gegen Vergewaltigung, gegen häusliche und sexuelle Gewalt. Das alles lässt aber nicht mit einem Verbot der Prostitution bekämpfen. Auch wenn es schwer fällt, zu akzeptieren.

Magda Langhans – ein Porträt von Anja Röhl

magda-jung-kleinformatDen Fallen des Parlamentarismus getrotzt

Kersten Artus hat die eindrucksvollen Reden der Hamburger KPD-Politikerin Magda Langhans veröffentlicht

Von Anja Röhl

Meine Herren und Damen!« – so begann Magda Langhans (1903–1987), eine Abgeordnete der KPD im Hamburger Rathaus, jeweils ihre Reden. In bewußter Umkehrung der geläufigen Floskel gab sie hier aus Höflichkeit zuerst die Herren an. Langhans war schon 1932 ins Parlament der Hansestadt gewählt worden. In der Nazizeit leistete sie Widerstand und verbrachte sechs Jahre im Zuchthaus. 1946 wurde sie erneut Mitglied der Bürgerschaft und wirkte dort bis 1952 erneut als einzige Kommunistin. Magda Langhans – ein Porträt von Anja Röhl weiterlesen