Rosa Luxemburg zu Quote und Gendern

©casimira

Wäre Rosa Luxemburg – deren Geburtstag sich am 5. März 2021 zum 150.-mal jährt, heute für die Quote und eine gendergerechte Sprache? Uneingeschränkt: Ja. Den Beleg dafür liefert die Visionärin unter anderem in diesem Text:

„Die Proletarierin“, 1914

Die Proletarierin braucht politische Rechte, weil sie dieselbe wirtschaftliche Funktion in der Gesellschaft ausübt, ebenso für das Kapital rackert, ebenso den Staat erhält, ebenso von ihm ausgesogen und niedergehalten wird wie der männliche Proletarier. Sie hat dieselben Interessen und benötigt zu ihrer Verfechtung dieselben Waffen. Ihre politischen Forderungen wurzeln tief in dem gesellschaftlichen Abgrund, der die Klasse der Ausgebeuteten von der Klasse der Ausbeuter trennt, nicht im Gegensatz von Mann und Frau, sondern im Gegensatz von Kapital und Arbeit. … Rosa Luxemburg zu Quote und Gendern weiterlesen

Meine Großväter

©privat

UPDATE 19.12.21, siehe neuer fünfter Absatz

Meine Großväter Alfred, geb. 1911, und Johann (geb. 1904) waren Mitglieder der NSDAP. Ich habe ihre Parteiausweise vor kurzem als Kopie aus de Bundesarchiv erhalten. Johann habe ich nicht kennengelernt. Er starb, als ich ein paar Monate alt war. Alfred war fester Bestandteil meiner Kindheit und hat auch noch seine beiden Urenkelkinder kennengelernt, bevor er 1988 an einer Krebserkrankung gestorben ist. Er war ein ruhiger, friedfertiger Mensch, der manchmal aus seiner Kriegsgefangenenschaft Geschichten erzählte. Lustige Erzählungen. Alfred war zudem Mitglied der Waffen-SS. Wohl auch deswegen steckten ihn die Alliierten ins Lager.

Meine Oma berichtete andere Dinge aus dieser Zeit: Über den Hunger, das Hamstern und ihre Angst vor Vergewaltigungen. Über die Besetzung ihres Hauses durch die Amerikaner. Und dass mit 28 Jahren angefangen hatte, zu rauchen – vor Hunger. Auch dass meine Mutter 1940 gezeugt wurde und ihren Vater erst kennenlernte, als sie fünf Jahre alt war. Meine Mutter war eine Hausgeburt, die Füße kamen zuerst und es war einer der heißesten Tage des Sommers 1941. Ich habe mir oft vorgestellt, was das für eine Strapaze gewesen sein muss. Meine Großväter weiterlesen

Abtreibung ist ein Grundrecht

veröffentlicht in: Mittelbayerische Zeitung, September 2020 “Außenansicht”

Dass immer weniger Ärztinnen und Ärzte Schwangerschaftsabbrüche durchführen, ist ein wachsendes Problem. Ungewollt Schwangere müssen immer größere Wege zurücklegen, um abtreiben zu lassen. Daher gibt es den richtigen Vorstoß, Universitätskliniken zu verpflichten, Abtreibungen durchzuführen und das dafür erforderliche, ärztliche Personal einzustellen.

Offenbar ist in den vergangenen Jahren auch die Debatte darüber innerhalb der Ärzteschaft zu kurz gekommen. Dies mag mit daran gelegen haben, dass die ärztliche Tätigkeit zunehmend durch kommerzielle Interessen bestimmt wird. Ärztinnen und Ärzte müssen heute vielmehr darauf achten, dass sie ihre Arbeit ökonomisch ausrichten und mit Schwangerschaftsabbrüchen kann man nicht viel Geld verdienen.

Abtreibungen sind etwas völlig Normales. Dennoch sind sie mit Tabu und Stigma belegt. So werden Ärztinnen und Ärzte, Beratungseinrichtungen wie Pro Familia und ungewollt Schwangere immer wieder durch Abtreibungsgegner belästigt und bedroht. Ein Spießrutenlauf insbesondere für Frauen, überwiegend übrigens Mütter, nicht wenige über 40 Jahre alt. Abtreibung ist ein Grundrecht weiterlesen

Keine ungeborenen Kinder

Ich habe mir nie die Frage gestellt, was es wohl für Kinder geworden wären. Ob Mädchen oder Jungen. Ob dunkelhaarig oder blond. Ob schlau, pragmatisch veranlagt, hochbegabt. Nie. Wirklich nicht. Die vier Schwangerschaften, die ich in meinem Leben bewusst beendet habe, hatten für mich keine Sekunde mit einem neuen Menschenleben zu tun. Waren also auch nicht von einem schlechtem Gewissen oder Schuldgefühlen gegenüber “ungeborenen Kindern” begleitet. Ich wurde in meinem Leben fünfmal ungewollt schwanger und viermal davon habe ich entschieden, abzutreiben. Fertig aus. Ich hatte zudem höchstwahrscheinlich eine Fehlgeburt ganz am Anfang einer Schwangerschaft. Auch die war kein Problem für mich. Ich hatte zu dieser Zeit keinen Kinderwunsch.

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Coronavirus: Mehr Schutzräume für Opfer häuslicher Gewalt

veröffentlicht auf Xing.com/Klartext am 20. März 2020

Jetzt soziale Distanz halten, um Ansteckungen zu vermeiden – der Satz sagt sich so einfach, der Appell hört sich so schlüssig an. Aber unerwünschte Nebenfolgen wurden offenbar überhaupt nicht berücksichtigt oder eingeplant.

Wer es noch nicht wusste, hier zwei Tatsachen. Erstens: Schon vor der Coronakrise waren Deutschlands Frauenhäuser überfüllt. Zweitens: Häusliche Gewalt hat nichts mit Wohnverhältnissen, Milieuzugehörigkeit oder Bildungsstand zu tun – sie findet überall statt. Die Coronakrise wird das Problem weiter verschärfen. Coronavirus: Mehr Schutzräume für Opfer häuslicher Gewalt weiterlesen

Socialbuchmesse – meine Empfehlungen

Ich finde die Idee richtig gut: Bücher zu empfehlen, da die Leipziger Buchmesse aufgrund des #Coronavirus abgesagt wurde und damit Buchautor*innen konkret zu helfen. Ich verbinde diese Initiative von Sascha Lobo damit, Bücher vorzustellen, die ich gut finde, auch wenn sie mehr ganz so neu sind.

Fünf der neun Bücher, von denen ich hier das Buch-Cover abgebildet habe, handeln von Tod und Sterben. Es sind kaber eine schwermütigen Texte darin zu finden, die noch todtrauriger machen, als man es vielleicht gerade ist. Etwa weil man gerade oder vor einiger Zeit jemanden Liebes verloren hat, sich selbst mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert sieht, oder aufgrund einer bedrohlichen Krankheit, des hohen Alters oder weil man aus anderem Grund in Endzeitstimmung ist. Socialbuchmesse – meine Empfehlungen weiterlesen

Rede zum 8. März 2020: “Her mit dem schönen Leben – Brot *und* Rosen!

©keartus

Her mit dem schönen Leben! Brot und Rosen!,

… rief die New Yorker Gewerkschafterin Rose Schneiderman im Jahr 1911. Brot und Rosen wurde ein Jahr später DIE Streikparole für mehr als 20.000 Textilarbeiterinnen. Und sie sind heute unser Vorbild, wenn wir auf die Straße gehen und für ein besseres Leben kämpfen!

Denn geht es immer noch genau darum: Wir wollen Brot – und auch die Rosen dazu. Wir wollen ein schönes Leben. Denn wir haben – vermutlich – nur das eine.

Liebe Frauen, liebe Schwestern, Mütter, Großmütter, Tanten, Cousinen, Töchter, Enkelinnen, liebe Freundinnen, Nachbarinnen, Kolleginnen, Weggefährtinnen, Genossinnen, liebe Ladies und Damen, Rede zum 8. März 2020: “Her mit dem schönen Leben – Brot *und* Rosen! weiterlesen

(Zu) Späte Aufarbeitung

veröffentlicht in publik 1/2020

bauer media group – Lange blieb im Verborgenen, dass die Bauer-Verlagsgruppe von Anfang an die NSDAP mit ihren Zeitschriften, Groschenromanen und mehr unterstützt, sich an jüdischem Eigentum bereichert hat und das bis in die Nachkriegszeit hinein. Jetzt ist der Verlag mit seiner Vergangenheit konfrontiert

„Alfred Bauer … prägte mit seinem verlegerischen Instinkt, wirtschaftlichem Wagemut und Energie die erfolgreiche Entwicklung der Unternehmensgruppe … Seine Leistung und Einsatzfreude wird uns allen Vorbild sein in dem Bemühen, sein Werk in seinem Sinne fortzusetzen“, hieß es in der Mitteilung an alle Bauer-Beschäftigten im Mai 1984, mit der das Management über den Tod des Verlegers informierte. Es sind Worte, die in dieser Form heute vermutlich nicht mehr geschrieben würden. Denn Alfred Bauer, geboren 1898, war NSDAP-Mitglied. Sein Unternehmen beteiligte sich – wie andere auch – an der von den Nationalsozialisten betriebenen sogenannten „Arisierung“. Historiker sprechen rückblickend auch von „Raubkauf“. (Zu) Späte Aufarbeitung weiterlesen