Mein Weg

“Die Nahrungsaufnahme aber lässt in Ansätzen zumindest oft erkennen, wie wir in der Lage sind, Welt und Welterfahrung in uns aufzunehmen, zu verdauen, zum Teil unserer Selbstwerden zu lassen, um uns all dessen, was im Zuge dieses Prozesses unnötig wird, auch wieder zu entledigen.” Diese Worte wählte die Trauerrednerin für meine Schwester, um die Bulimie zu beschreiben, die uns Schwestern jahrelang begleitete. Petra starb vor einem Jahr in Folge eines Unfalls. Wir hatten zwar oft über unsere Essstörungen mit einander gesprochen, aber erst vor kurzem wurde mir klar, dass wir sie beide offenbar auch dafür benutzen, um uns von innerfamiliären Konflikten abzugrenzen. Und damit auch voneinander. Sie meinem Eindruck nach aber mehr als ich es tat. Nachdem ich den  Film “Ich hab’s geschafft” angesehen hatte, in dem ich selbst mitgewirkt habe, wurden mir dieser Teil meiner Kindheit erneut bewusst.

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Prostitution – ungeliebter Schatten der bürgerlichen Ehe

veröffentlicht in “Z” unter dem Titel: “Zur Diskussion in der Linken um Prostitution”


Niemand käme auf die Idee, die Ehe zu verbieten oder Maßnahmen zu ergreifen, sie einzudämmen. Sie ist grundgesetzlich geschützt und wird auch weltweit in Rechtsordnungen geregelt: In der Europäischen Charta der Grundrechte ist zum Beispiel das „Recht, eine Ehe einzugehen“, festgeschrieben. Sogleich gilt der Schutz der Eheschließungsfreiheit, wie auch die frei gestaltbare Aufgabenverteilung innerhalb der Ehe. Im Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte steht, dass beide Ehegatten gleiche Rechte und Pflichten während der Ehe haben.[2]. Prostitution – ungeliebter Schatten der bürgerlichen Ehe weiterlesen

Warum der 8. März ein Feiertag werden muss

Clara Zetkin

veröffentlicht in DISPUT, Mitgliedermagazn DIE LINKE; Februar 2018

Die halbe Menschheit wird wegen ihres Geschlechts diskriminiert – trotz Wahlrecht und Gleichstellungsgesetzen, trotz Gewaltschutzkonzepten und Quotenregelungen. Aber um die größte Spaltung der Gesellschaft zu überwinden, werden nur halbherzig und mit ebenso halben Verstand Maßnahmen ergriffen; Eigentums- und Machtverhältnisse zu wenig hinterfragt; der strukturelle Sexismus nicht bekämpft. Warum der 8. März ein Feiertag werden muss weiterlesen

§219a: das Selbstbestimmungsrecht auf freien Informationszugang/Interview

Aus: ANFNEWS, 4. Dezember 2017

Als Vorsitzende von Pro Familia Hamburg plädiert Kersten Artus für ein Selbstbestimmungsrecht auf freien Informationszugang und solidarisiert sich mit der Frauenärztin Kristina Hänel.

Die Frauenärztin Kristina Hänel wurde im November vom Landgericht Gießen zu einer Geldstrafe von insgesamt 6.000 Euro verurteilt. Mustafa Menge sprach für die Tageszeitung Yeni Özgür Politika mit Kerstin Artus, der Vorsitzenden von Pro Familia Hamburg. §219a: das Selbstbestimmungsrecht auf freien Informationszugang/Interview weiterlesen

“Wir verbinden soziale Themen mit Lebensweisen und Zukunftsfragen.”

Doppel-Interview mit den schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten Cornelia Möhring und Lorenz Gösta Beutin

Die Fraktion hat sich nach den Bundestagswahlen bereits zweimal getroffen. Viele neue Abgeordnete sind dabei. Wie ist Dein Gesamteindruck von der Fraktion, Conni?

Cornelia Möhring Ich finde, dass wir eine richtig tolle Fraktion haben, gestandene Linke, die aktivierende Wahlkämpfe hingelegt haben und jetzt mit hohem Engagement eine linke Politik im Bundestag zusammen mit der Partei machen wollen. Abgeordnete, die  eine große fachliche Kompetenz haben und gleich einsteigen können und weibliche Abgeordnete, die Feministinnen sind. Wir haben auf der Klausur ein Frauenplenum durchgeführt, da ist mir das Herz übergegangen, weil wir eine konstruktive Diskussion hatten und ich gleich zehn bis 15 Punkte mitnehmen konnte, die wir jetzt in der gemeinsamen Frauenplenumsarbeit angehen werden. Das stimmt mich sehr zuversichtlich. “Wir verbinden soziale Themen mit Lebensweisen und Zukunftsfragen.” weiterlesen

Petra

Vor sechs Wochen hatten wir auf der Terrasse unseres Vaters gesessen. Ich erzählte aus meinen Erinnerungen, wie wir Schwestern immer zusammen in die Wanne mussten. Es gab nur ein Handtuch. Petra fand immer wieder einen Dreh, dass sie zuerst aussteigen durfte und damit das Handtuch im trockenen Zustand bekam. Sie schaute mich an: Daran konnte sie sich partout nicht mehr erinnern. Kein Wunder, dachte ich. Sie, die ewige Siegerin unserer kindlichen Wettspiele, hatte damals viele zu viele Triumphe eingefahren, als dass ihr dieser in Erinnerung hätte bleiben können.

Mir fallen jetzt so viele Geschichten wieder ein. Da war die Sache mit den Tampons: So fragte ich sie einmal, da war ich neun oder zehn Jahre alt, ob die 10er-Packung “o.b.”, die sie hinter der Toilette liegen hatte, für zehn Monate reichen würde. Sie lachte mich natürlich aus. Unvergessen auch, wie sie mich das erste Mal einen Joint mitrauchen ließ. Da saßen wir auf ihrem großen Bett, eine Gitarre und mehrere Kerzenhalter hingen an der Wand, die Vorhänge waren zugezogen. Als ich anfing herumzukichern, beömmelten ihre Freundin Assi und sie sich aufs Feinste. Und als sie ein Mofa bekam, durfte ich mich auch mal drauf setzen, gab Gas  – und landete in der Hecke.

Warum haben wir uns nicht öfter über unsere Kinderzeit ausgetauscht? Wir hatten Jahrzehnte dafür Zeit und haben sie uns viel zu selten genommen. Jetzt habe ich keine Möglichkeit mehr. Meine große Schwester ist tot. Petra weiterlesen

Von einer Trennung

Auch veröffentlicht auf diesem Blog

In Gedanken hatte ich diesen Text bereits oft geschrieben. Und wusste gleichzeitig, wenn ich eines Tages den Laptop aufklappe und das Schreibprogramm starte, werden mir die Worte fehlen. Wie schreibe ich auf, was so schwer zu erklären ist? Was ich mir eigentlich selbst nicht erklären kann? Über ein Phänomen, von dem ich nicht wusste, dass es das geben kann. Allein das Wort finde ich unpassend. Mir einzugestehen, dass es mir passiert ist. Es kam mir falsch vor und war nicht eingeplant. Weil ich die Verbindung von Liebe und Verantwortung ernst nehme. Weil ich diesbezüglich ein treuer Mensch bin. Weil ich mein Leben lang immer glücklich war, mit einer Katze zusammen leben zu dürfen. Weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass das, was einem mit menschlichen Partnern ja durchaus passieren kann, sich zu trennen, weil man sich nicht mehr liebt, auch mit einem Tier passieren kann. Von einer Trennung weiterlesen

Gender Budgeting – warum es so gerne vergessen wird

Bereits 2008 wollte die Hamburgische Bürgerschaft die Einführung eines Gender Budgeting prüfen lassen. Aber obwohl die Grünen mitregierten, tat sich nichts. Im Gegenteil: Grüne, CDU und auch die SPD lehnten in geschlossener Front einen Antrag der LINKEN, Gender Budgeting einzuführen, ab. Dabei hatte dieser entlarvt, dass der Senat zwar schriftlich zugesagt hatte , sich mit der Machbarkeitsstudie der Bundesregierung zu befassen und die Bürgerschaft darüber zu unterrichten, sie aber nicht eingehalten. Was aber keinen interessierte, auch die männlich geprägte Lokalpresse nicht.

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Urlaub mit den Enkeln – anstrengend schön

Ich habe schon oft Paare gesehen, die mit kleinen Kindern, die ganz offenbar ihre Enkelkinder gewesen sind, Urlaub machten. Ich habe mir bislang wenig dabei gedacht, außer dass es eben Großeltern mit ihren Kindeskindern sind. Das ist jetzt vorbei. Denn wir haben das erste Mal Urlaub mit unseren beiden Enkeln gemacht. Bitte: Wenn Sie künftig Menschen mit kleinen Kindern sehen, die ganz offenbar die Großeltern dieser Kinder sind, seien Sie aufmerksam. Seien Sie freundlich. Seien Sie zugewandt. Schauen Sie so, dass diese Menschen das Gefühl bekommen, dass sie gerade etwas ganz Außergewöhnliches machen. Urlaub mit den Enkeln – anstrengend schön weiterlesen